Krimi Regensburg Sonja Silberhorn: Über mich

 

„Wer niemals träumt, verschläft sein schönstes Leben.“ Friedrich Rückert (1788 – 1866)

 

Nach diesem Motto habe ich mein bisheriges Dasein verbracht, solange ich mich erinnern kann: Mit einem Fuß fest in der Realität verankert, mit dem zweiten aber munter und ungebremst durch die Sphären meiner Fantasie hopsend. Nur daran, dass sich diese Fantasie irgendwann zwischen zwei Buchdeckeln finden lässt, habe ich früher nicht geglaubt. Aber von vorne:

Geboren wurde ich in Regensburg, in dem besonderen Jahr, in dem … (Stellen Sie sich jetzt bitte vor, wie ich stundenlang verzweifelt das Internet auf der Suche nach außergewöhnlichen, dennoch positiven Ereignissen des Jahres 1979 durchkämme.) In dem glorreichen Jahr 1979 also, in dem die Rauchschwalbe zum Vogel des Jahres ernannt wurde. 

 

 

Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich körperlich vorwiegend im Regensburger Umland, geistige Kurztrips führten aber damals schon recht häufig ins idyllische Fantasien (liegt zwischen Utopia und Absurdistan). Zu dieser Zeit entstand die Liebe zu fiktiven Charakteren und Geschichten, auch wenn es noch etwas dauern sollte, bis ich mich dazu entschloss, sie aufzuschreiben.

Nach dem Abitur startete ich den Versuch, an der Universität Regensburg BWL zu studieren. Da Versuche aber durchaus scheitern dürfen, folgte rasch die Flucht ins Hotelfach, die mich für eine Weile nach Oberfranken, Berlin und auf die Kanaren führte. Zurück in Regensburg – was damals weniger der großen Heimatverbundenheit als der Liebe geschuldet war – behielten mich die Gastronomie und Hotellerie noch eine Weile in ihren Klauen, im Laufe der Jahre driftete ich allerdings zurück in die kaufmännische Richtung. Geträumt wurde natürlich auch zu dieser Zeit mit unvermindertem Einsatz, notgedrungen nur eben erst nach Feierabend.

Was damals mit dem Schreiben von fünf- bis zwanzigseitigen, nach anfänglicher Euphorie der Verfasserin traurig auf der Festplatte vor sich hin modernden Romananfängen begann, gipfelte schließlich in einer Idee, die sich einfach nicht abschütteln ließ. Nur ... wie die Zeit finden, diese Idee zu Papier zu bringen? Manchmal kommt einem das Leben rabiat zu Hilfe, in meinem Fall mit Jobverlust, Finanzkrise und der Tatsache, dass knapp dreißigjährige, frisch verheiratete Frauen Anfang 2009 nicht die beliebtesten Bewerber auf dem Arbeitsmarkt waren. Endlich also, neben knapp einjähriger Jobsuche, gelang das schier Unmögliche: Nachdem ich mich im Verfassen von Romananfängen zwischenzeitlich perfektioniert hatte, wagte ich mich erstmalig auch an den langwierigen Mittelteil und, man lese und staune, den Schluss! Mein Debütkrimi „Herzstich“ war geboren, fand beim Kölner Emons Verlag ein wunderbares Zuhause und erschien im Jahr 2011. Seither scheuche ich meine Ermittler erbarmungslos durchs Oberpfälzer Verbrecherdickicht, ist also mittlerweile eine ziemlich kriminelle Ecke hier.

 

Und jetzt ... immer nur Mord und Totschlag? Ach, nein. Weil die Realität für mich bekanntermaßen ebenso zum Leben gehört wie die Fantasie, und weil es mich zudem mit allergrößter Freude erfüllt, mit Kamera in der Tasche und Wanderschuhen an den Füßen durch die Gegend zu streifen, Archive zu durchwühlen, Mitmenschen auf die Nerven zu gehen, die mehr wissen als ich, und vor allem immer wieder verblüfft festzustellen, wie schön wir es in der Oberpfalz haben, wurde das Repertoire Anfang 2020 um Reiseführer erweitert. Und von jedem Ausflug in die wundervolle Welt dort draußen bringe ich Inspiration für die nächsten erdachten Geschichten mit nach Hause in mein stilles Kämmerlein.

Aber was, wenn es mal nichts zu erkunden, zu träumen oder zu schreiben gibt? Dann lese ich, momentan "Freiheit beginnt beim Ich" von Anna Schneider (weil man sich in einer Welt, in der "Freiheit" öffentlich zur Floskel gestempelt wird, gar nicht genug mit Freiheit befassen kann) und "Zwischen Welten" von Juli Zeh / Simon Urban (Empfehlung! Ein Spiegelbild der absurden Polarisierung unserer Zeit ...). Schließlich sind auch die Visionen, Träume und Gedanken anderer Menschen interessant. Und es ist doch schön zu wissen, dass man mit nachfolgendem Problem nicht allein dasteht:

 

„Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann.“ Mark Twain (1835 – 1910)

 

Im Prinzip hat er ja recht. Trotzdem. Ich kann einfach nicht anders.